Familie Schaye - Verlegeort: Augustusweg 1
Wilhelm Schaye (1891-1974)
als „jüdisch“ verfolgt
Stolpersteininschrift:
HIER WOHNTE
WILHELM SCHAYE
JG. 1891
'SCHUTZHAFT' 1938
KZ BUCHENWALD
ZWANGSARBEIT DRESDEN
ÜBERLEBT
Wilhelm Schaye wurde am 3. November 1891 in Dresden als Sohn von Moritz und Ida Schaye geboren. Nach Besuch der Realschule in Dresden-Johannstadt absolvierte er ab 1908 eine kaufmännische Lehre und arbeitete in Hamburg, Aschersleben und Dresden-Zschieren. Während des Ersten Weltkriegs diente er an der Westfront, wurde mehrfach verwundet und kehrte 1919 aus englischer Kriegsgefangenschaft zurück.
1921 heiratete er Gertrud Benedict aus Dresden, das Paar lebte in der Niederlößnitz in der Schweitzerstraße 11. Beruflich war Schaye zunächst bis 1925 als Bankangestellter bei der Dresdner Bank tätig, ab 1926 arbeitete er in der Verwaltung des Elektrizitätsverbands Gröba in Radebeul.
Als Jude wurde Wilhelm Schaye nach 1933 von den Nationalsozialisten verfolgt. 1935 verlor er auf Druck der Betriebsleitung seine Anstellung. Er hielt sich mit verschiedenen Arbeiten, unter anderem als Landschaftsgärtner, über Wasser. Im November 1938 wurde er im Zuge der Pogrome verhaftet, ins Konzentrationslager Buchenwald verschleppt und erst am 1. Dezember 1938 wieder entlassen.
Ab 1941 musste Schaye den „Judenstern“ tragen. Nach der erzwungenen Aufgabe seiner Wohnung in Radebeul lebte das Ehepaar im „Judenhaus“ Kaiserstraße 1 in Dresden. Trotz der schärfer werdenden Verfolgung blieb Wilhelm Schaye – vermutlich wegen der „privilegierten Mischehe“ mit seiner protestantischen Frau – zunächst von der Deportation verschont. Die Luftangriffe auf Dresden im Februar 1945 verhinderten seine vorgesehene Verschleppung nach Theresienstadt.
Nach Kriegsende kehrten Wilhelm und Gertrud Schaye nach Radebeul zurück. Er nahm seine Arbeit bei den Gröba-Werken wieder auf und war später Buchhalter bei der HO (Handelsorganisation). Politisch engagierte sich Schaye als Mitglied der KPD und später der SED, setzte sich aktiv in Verfolgtenorganisationen ein und wirkte als Schöffe am Kreisgericht.
1966 zog er in ein Heim in Dresden und später ins Kreispflegeheim „Lößnitzhöhe“ in Radebeul-Zitzschewig. Dort starb Wilhelm Schaye am 4. September 1974. Sein Grab befindet sich auf dem Neuen Israelitischen Friedhof in Dresden.
Text: D. Ristau
Gertrud Schaye (1894-1966)
als „jüdisch versippt“ ( >> Begriff "jüdisch versippt") verfolgt
Stolpersteininschrift:
HIER WOHNTE
GERTRUD SCHAYE
GEB: BENEDICT
JG. 1894
AUSGEGRENZT/DRANGSALIERT
1937 AUSSCHLUSS AUS DER
REICHSMUSIKKAMMER
ÜBERLEBT
Gertrud Schaye, geborene Benedict, wurde am 13. Dezember 1894 in Dresden als Tochter von Friedrich Wilhelm und Ida Helene Benedict geboren. Sie besuchte ab 1901 die Volksschule und studierte ab 1908 Musik an der Fischer-Peckels-Musikschule. Erste öffentliche Auftritte als Cellistin hatte sie 1915/16 in Dresden.
Nach ihrer Heirat mit Wilhelm Schaye trat ihre berufliche Tätigkeit als Musikerin in den Hintergrund, wenngleich sie weiterhin privat musizierte. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 änderte sich dies: Berufskolleginnen und -kollegen zogen sich zurück, und soziale Isolation setzte ein. Ein Versuch, mit einem eigenen Seifenhandel zum Lebensunterhalt beizutragen, scheiterte, da man ihr den Gewerbeschein wegen ihres jüdischen Ehemannes entzog. 1937 wurde sie zudem aus der Reichsmusikkammer ausgeschlossen, was einem Berufsverbot gleichkam.
Trotz aller Diskriminierungen hielt Gertrud Schaye ihrem Ehemann die Treue und begleitete ihn durch die schweren Jahre der Verfolgung. Nach dem Krieg kehrten beide nach Radebeul zurück. Sie blieb Hausfrau und lebte mit Wilhelm Schaye bis zu ihrem Tod am 22. Juli 1966 in Dresden. Das Ehepaar ist gemeinsam auf dem Neuen Israelitischen Friedhof beigesetzt.
Text: D. Ristau